|
Things I never told you - Telefonie
"Was ich dir nie erzählt habe .... werde ich dir nie erzählen. Was ich dir nie erzählt
habe ... werde ich dir jetzt erzählen. Was ich dir nie erzählt habe ... hättest du dir
trotzdem denken können."
Das Telefon, Mittel zur Kommunikation, doch auch Symbol für den innerlichen Anlauf, den
einer macht, ehe er ein Gespräch aufnimmt, eine Geschichte erzählt.
Seit zehn Jahren ist Sabine Felber von Telefonen als Bildmotiv gefesselt. Begonnen hat alles
in Hongkong - umgeben vom emsigen Treiben eines Bahnhofs fand sie ein Bild, das eine Flut
von Gedanken in ihr auslöste: Eine Frau, die in einer halboffenen Telefonzelle telefonierte,
gegenüber eine weitere Frau, die ein mobiles Telefon an ihr Ohr drückte. Die Frau in der
Telefonzelle in Rückenansicht, die Frau mit dem Mobiltelefon der Fotografin zugewandt - so
als wollte diese Szene geradezu berichten, daß nun das Telefonieren von fest installierten
Telefonzellen aus im "Fortgehen" begriffen sei, das mobile Telefonieren jedoch unseren
Alltag erobere. In einer mobilen Gesellschaft bedeutet mobiles Telefonieren als Erweiterung
der Möglichkeiten eine große Bereicherung.
Doch Sabine Felber entdeckt in der Erweiterung auch Begrenzung. Telefonzellen geben der
Kommunikation einen festen Ort, der immer wieder aufgesucht werden kann. Sie sind
Behausungen für bestimmte Gespräche, die einmal eine besondere Bedeutung hatten und dadurch
in Erinnerung bleiben. Die Telefonzelle an der Piazza in Florenz, von der aus man mit Berlin
telefoniert hat, ist für immer der Ort bestimmter Momente im Leben und aller Gefühlslagen,
die diese begleiteten. Sie ist ein wichtiger Ort für die Verankerung von Gefühlen und somit
Träger wie Auslöser von Erinnerungen. Ihr Abriß bedeutet auch den Verlust von Erinnerung -
kein Ort mehr da, der diese Gedanken und Gefühle in sich trägt. Die Gesprächsmomente der
mobilen Kommunikation dagegen sind von Anbeginn zur Heimatlosigkeit verurteilt, die Orte an
denen sie stattfinden sind beliebig, und die Erinnerungen, die an diese Momente geknüpft
sind, stehen bezugslos im Raum ohne jede Ankermöglichkeit.
Sabine Felber ist fasziniert von eben diesem Antagonismus. Die physische Freiheit des
mobilen Telefonierens kann eine Bezugslosigkeit der Gefühle bedeuten, während doch die
Fessel des ortsgebundenen Telefonierens die Möglichkeit der Verortung in sich trägt.
Annegret Beck, Kunsthistorikerin
Texte "Anvertrautes"
|
|