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Zum Auswandern
Da klebt ein Schild an meinem Briefkasten „Bitte keine Werbung“. Ich bin trotzdem von unbrauchbaren Angeboten überflutet.
Zum Auswandern.
Aber was trieb einen Polen nach Chicago? Der See? Er gebärdet sich angeblich wie ein Meer.
The lake banks of Chicago.
EC 41 Berlin-Warszawa-Express. Über Frankfurt/ Oder, Rzepin, Poznan und Kutno. Grauland fliegt am Zug vorbei.
Drinnen heizt man uns ein. Die Peruanerin schwitzt nicht. Sie wird erst rot im Gesicht, als der Grenzer durch den Wagen
im Befehlston schreit: „Ausweise“. Raus mit dem Dokument. Unter Röntgenaugen besteht es die Prüfung.
Die Fahrt geht ohne Unterbrechung weiter ins Land. Bis Warszawa Centralna. Unerwartet treffen wir im Bahnhof ein.
Keine wärmenden Arme, die uns empfangen. Es ist viel zu kalt. Tränen gefrieren schon beim Augenaustritt.
In einem Café treffe ich Andrej. Er erzählt mir von Chicago. Der See spielte für ihn keine Rolle.
Chicago war ein Traum. Das weite Land, die hohen Häuser, die schnellen Menschen. Nur allein sein Herz blieb eng.
Erst jetzt, zurück im traurigen Warschau weitet es sich. Aber er sagt: „Die Verhältnisse hier sind zum Auswandern“.
(Warschau)
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